In der RS ClientEarth/EIB (T-9/91) wandte sich eine Umweltschutz-NGO an die Europäische Investitionsbank (EIB) und forderte im Rahmen der internen Überprüfung den Verwaltungsakt über einen Beschluss zur finanziellen Förderung eines Projekts im Bereich erneuerbare Energien. Das EuG kam zum Schluss, dass eine Ablehnung der Überprüfbarkeit vonseiten der EIB unzulässig ist. Der Sachverhalt trägt nur wenig zu Tragweite der Entscheidung bei:
Im spanischen Ort Curtis gewann ein Projekt zum Bau eines Biomassekraftwerks zur Stromerzeugung eine Ausschreibung für Projekte im Bereich erneuerbare Energien. In der Folge wandte sich der Projektträger an die EIB betreffend einer möglichen Förderung (Die EIB hat in der Kreditvergabe als Mittel der europäischen Wirtschaftspolitik eine bedeutende Stellung.).
Der Verwaltungsrat der EIB genehmigte mit Beschluss (streitiger Beschluss) den Finanzierungsvorschlag für einen Höchstbetrag von 60 Millionen Euro. In der Folge stellte die auf europäischem Parkett schon bekannte Umweltschutz-NGO ClientEarth einen, an die EIB gerichteten, Antrag auf interne Überprüfung dieses Beschlusses gemäß der Aarhus-Verordnung und dem Beschluss 2008/50 mit Durchführungsvorschriften zur Aarhus Verordnung.
Die EIB teilte ClientEarth mittels Schreiben (angefochtener Rechtsakt) mit, dass der Antrag auf interne Überprüfung des streitigen Beschlusses abgelehnt werde. Grund dafür sei, so die EIB, dass sich der Überprüfungsantrag nicht auf einen Rechtsakt beziehe, der Gegenstand einer internen Überprüfung sein könne. Es handle sich nicht um einen „Verwaltungsakt“ im Sinne der Aarhus Verordnung.
In der Folge erhob ClientEarth gegen die Entscheidung der EIB Klage beim Gericht der EU und stützte diese auf zwei Nichtigkeitsgründe: Zum einen macht sie geltend, dass die EIB mit dem Erlass des angefochtenen Rechtsakts bestimmte Voraussetzungen für die Einstufung einer Maßnahme als „Verwaltungsakt“ im Sinne der Aarhus-Verordnung, in Bezug auf streitigen Beschluss, falsch angewandt habe. Zum anderen wird ein Verstoß gegen die Begründungspflicht bei der Zurückweisung des Überprüfungsantrages der NGO vorgebracht.
Hinsichtlich des zweiten Klagegrundes erkennt das Gericht nun in seinem Urteil, dass die von Seiten der EIB dargelegte Begründung des streitigen Beschlusses als Rechtsakt ausreichend ist, und dass die Gründe der Zurückweisung des Antrags erkennbar sind. Die Begründungspflicht als wesentliche Verfahrensvorschrift ist somit erfüllt. Es ist ClientEarth allerdings möglich, die Stichhaltigkeit dieser Gründe im Rahmen des ersten Klagegrundes anzufechten. Somit weist das Gericht den zweiten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht geltend gemacht wird, als unbegründet zurück.
Zum ersten Klagegrund, in dem ein Beurteilungsfehler bei der Anwendung der Aarhus-Verordnung gerügt wird, spricht das Gericht zunächst aus, dass die Vertragsparteien des Aarhus-Übereinkommens zwar über einen gewissen Ermessensspielraum bei der Anwendung dieses Übereinkommens verfügen, aber die praktische Wirksamkeit und die Ziele dieses Übereinkommens im Verbund mit den Durchführungspflichten der Mitgliedstaaten in einem hohen Maß geschützt werden sollen. Das Gericht kommt zum Ergebnis, dass der in der Aarhus-Verordnung enthaltene Begriff der Maßnahme des Umweltrechts“ (Art 2 Abs 1 lit g Aarhus-VO) zur Regelung eines Einzelfalls weit auszulegen ist. Es folgt somit der Ansicht des ACCC, das sich bereits für ein weites Verständnis des Begriffes „Verwaltungsakt“ ausgesprochen hat. Diesem Begriff unterliegen alle Maßnahmen zur Regelung eines Einzelfalls, die den Anforderungen des abgeleiteten Unionsrechts unterliegen und unabhängig von ihrer Rechtsgrundlage unmittelbar auf die Verwirklichung der Ziele der Umweltpolitik der Union ausgerichtet sind.
Der streitige Beschluss – die Genehmigung des Finanzierungsvorschlags durch die EIB – ist (so das EuG) eine Maßnahme „des Umweltrechts“ zur Regelung eines Einzelfalles im Sinne der Aarhus-VO, soweit darin festgestellt wird, dass das Projekt die von der EIB aufgestellten Umweltkriterien erfülle, um eine Förderung von ihr zu erhalten,
In Art 12 der Aarhus-Verordnung eröffnet das vorgesehene Verwaltungsverfahren der internen Überprüfung weiters den Weg zu einem gerichtlichen Rechtsbehelf vor den EuGH.
Das Gericht sprach dem streitigen Beschluss bestimmte endgültige Rechtswirkungen gegenüber Dritten, insbesondere gegenüber dem Projektträger, zu, indem darin festgestellt wurde, dass das Projekt im Hinblick auf seine ökologischen und sozialen Aspekte für eine Finanzierung durch die EIB in Betracht komme. Den Einwänden der EIB, dass weder eine rechtliche Verpflichtung zur Gewährung des Darlehens vorliege, und dass noch weitere technische, wirtschaftliche und finanzielle Aspekte des Projekts zu prüfen wären, wurde nicht gefolgt. Der Antrag bezog sich zumindest teilweise auf endgültige Rechtswirkungen, weil das durch die Aarhus-Verordnung eingeführte Verfahren zur internen Überprüfung sich gerade auf die Umweltaspekte beziehen soll.
Der Antrag von ClientEarth auf interne Überprüfung stellte insbesondere die Beurteilung der Nachhaltigkeit des Projekts und seines Beitrags zur Erreichung der umweltpolitischen Ziele der Union durch die EIB in Frage.
Gegen diese Entscheidung des Gerichts kann nun fristgerecht ab Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden. Dennoch wurden mit der Entscheidung des EuG hier Pflöcke eingeschlagen:
Das EuG legt in seiner Entscheidung nicht nur den Begriff des „Verwaltungsaktes bzw „Maßnahme des Umweltrechts“ (Art 2 Abs 1 lit g Aarhus-VO) ein weites Verständnis zugrunde. Es erkennt auch an, dass ein Projekt nicht erst dann einem Auskunftsbegehren nach der Aarhus-VO unterliegt, wenn es gänzlich durch Organe oder Einrichtungen der EU genehmigt wurde, sondern sprach einer Entscheidung bereits dann eine Rechtswirkung zu, wenn die ökologischen Aspekte fertig abgehandelt wurden.
Diese Entscheidung kann und muss daher als Aufwertung für den Umweltschutz sowie für soziale Aspekte bei der Kreditvergabe der EIB angesehen werden, da technische, wirtschaftliche und finanzielle Aspekte des Projekts laut dem Urteil nur noch als bloße Ausführungsentscheidungen angesehen werden können. Was der EuGH daraus macht - es steht einstweilen in den Sternen, dramatisch drehen wird sich die Entscheidung angesichts der bisherigen Judikatur aber wohl nicht mehr …